< PreviousSongs interpretieren und ihnen meine Stimme geben, aber sie waren nicht meine Schöpfung. Das läuft jetzt anders. Am Anfang erwies sich das als sehr nervenaufreibend, weil ich noch nicht wusste, dass auch das in mir steckt. Doch nach all den Jahren empfinde ich es als eine unheimliche Freiheit –die natürlich auch Schwierigkeiten mit sich bringt: Ich muss Termine einhalten und Projekte loslassen können. Ich bin viel unterwegs, aber eben auch Mutter. Manchmal fordert es ganz schön, das Familienleben mit dem Dasein als tourende Musikerin zu verbinden. Erinnerst du dich noch daran, wie es war, zum ersten Mal ohne Nightwish auf der Bühne zu stehen? Tarja: Meine erste Soloshow fand in Berlin statt, nachdem mir für mein erstes Album „My Winter Storm“ in Deutschland eine Goldene Schallplatte verliehen worden war. Die Unterstützung aus Deutschland war unglaublich und verrückt. Ihr habt mich sozusagen von Beginn an adoptiert! So wurde auch das erste Konzert überwältigend schön. Als Perfektionistin plagten mich vorher natürlich Selbstzweifel und die Sorge, ob überhaupt jemand kommen würde. Aber die Leute kamen … Kannst du beschreiben, wie sich dein erster Auftritt beim W:O:A im Jahr 2000 anfühlte? Tarja: Das war sehr aufregend für mich! Und ich finde es heute noch genauso aufregend, in Wacken zu spielen, auch weil ich es als Privileg und Ehre empfinde. Damals hatten wir mit Nightwish noch gar nicht so viel Tourerfahrung. Vor dieser großen Menschenmenge zu spielen flößte uns Respekt ein und machte mich ziemlich nervös. Doch das Publikum empfing uns mit so viel Liebe – obwohl die Leute wussten, dass ich nicht in erster Linie ein Metalhead bin. Das hat den Empfang in gewisser Weise noch herzlicher gemacht. Es war toll! Wo liegt deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen der Tarja von früher und der Tarja von heute? Tarja: Ich bin jetzt Mutter und das hat mich sehr verändert. Außerdem habe ich an unterschiedlichen Orten gelebt. Von 2001 an habe ich in Deutschland studiert und dort einige der schönsten Jahre meines Lebens verbracht. Das Studium, die Unabhängigkeit und das Leben in einem anderen Land hatten einen großen Einfluss auf mich. Dabei sind viele Freundschaften entstanden, die teilweise heute noch bestehen. Und ich habe in Deutschland meine Freiheit gefunden, denn dort wurde ich nie dafür verurteilt, dass ich mich zwischen klassischer Musik und Metal nie entscheiden wollte. Danach ging es zurück nach Finnland, später habe ich fast zehn Jahre in Buenos Aires in Argentinien gelebt. Mittlerweile liegt mein Lebensmittelpunkt in Spanien, acht Jahre schon. Mein Zuhause ist dort, wo mein Herz ist. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass ich natürlich stärker bin als früher. Die Unschuld ist weg, ich lasse mich von anderen auch nicht mehr einschüchtern. Einschüchtern? Tarja: Ich habe große Probleme damit, zu sensibel zu sein und mir zu viele Sorgen zu machen. Das wird immer ein Teil von mir sein. Aber durch Therapien und vieles andere lerne ich dazu. Mir ist klar geworden, wie wichtig es ist, sich selbst zu verstehen. In meinen Liedern kann ich über alles schreiben, was mich bedrückt und was mich glücklich macht. Alles, was ich sehen kann, lasse ich in meine Kunst einfließen und das befreit mich. Und durch meine Kunst können andere dasselbe erfahren. Bei meinen Shows treffe ich so viele Leute, die mir von ihren „ “ Die Sängerin liebt es, Klassik und Metal zu vereinenObwohl solche Dinge passieren, fallen wir schon bald in unsere alten Routinen zurück. Ich versuche, das zu vermeiden. Ich habe gelernt, „Nein“ zu sagen, mir Zeit für mich und meine Familie zu nehmen. Meine Tochter bedeutet mir alles. Ich muss auf mich selbst hören und kann um Hilfe bitten, wenn ich das Gefühl habe, dass ich sie brauche. Du arbeitest gerade an einem neuen Album. Was kannst du uns darüber erzählen? Tarja: Wir versuchen, ein Duett zwischen Marco und mir auf die Platte zu bekommen. Bei den Aufnahmen zu „Left On Mars“ habe ich Marco damals erklärt, dass er mir einen Song schuldet. Jetzt fragt er mich immer, ob ich was fertig habe. (lacht) Aber ich bin gerade dabei, Material zu schreiben und Ideen zu sammeln. Denkst du, dass deine Zusammenarbeit mit Marco länger andauern wird oder seht ihr das Ganze eher als kurz- fristiges Projekt? Tarja: Wir buchen bereits Shows für 2026, einige davon in Europa. Es wird also viele Konzerte geben. Wir arbeiten gerne zusammen. Was können wir von deinem Auftritt beim W:O:A 2025 erwarten? Tarja: Marco wird natürlich dabei sein und wir werden ein ganz besonderes Set für euch spielen. Es wird ein riesiger Spaß, wie immer! Ihr könnt euch auf ein großes Lächeln freuen und auf glückliche Zeiten und viel Kraft. Ich denke, das wird eine Achterbahn der Gefühle. Problemen erzählen. Selbst wenn sie nicht unbedingt mit meinen vergleichbar sind, zeigt es, dass wir alle mit irgendwas zu kämpfen haben. Und Musik gibt es, um uns dabei zu helfen, Emotionen zu spüren und schlechte Gefühle loszuwerden. Sie ist wie eine Therapie. Das war Musik für mich immer und dadurch bin ich gewachsen. Aber ich bin immer noch dieselbe Person, derselbe wahnsinnige, verrückte Mensch! 2018 hattest du einen Schlaganfall. Was hat sich seitdem in deinem Leben verändert? Tarja: Früher war es nur Gerede, wenn ich gesagt habe, dass man jeden Moment erleben und ihn so gut wie möglich gestalten sollte. Aber nach meinem Schlaganfall wurde mir sehr deutlich klar, dass ich mir einige Fragen stellen musste: Bin ich wirklich glücklich? Mache ich das Beste aus meinem Leben? Leider müssen wir manchmal erst Schwierigkeiten überstehen, bevor wir endlich anfangen, für unsere Träume und unser Glück zu kämpfen. Und das menschliche Gedächtnis vergisst mitunter ziemlich schnell: „ , “ Seit einem Schlaganfall 2018 lebt Tarja Turunen viel bewusster und achtet darauf, nicht den Fokus für die ihr wichtigen Dinge zu verlieren Fotos: Promo, WOAPeter „Peavy“ Wagner gehört mit Rage seit Jahrzehnten zur Basis der deutschen Heavy- Metal-Szene. In Wacken zählt die Band zu den Stammgästen, spielte zuletzt im Sommer auf der Hauptbühne. Nun erscheint Peavys Autobiografie „Soundchaser“, samt Vorwort von Holger Hübner. Darin berichtet der Sänger und Bassist von seiner zweiten Leidenschaft neben harten Riffs: Peavy sammelt und präpariert Knochen Von Andrea Leim ast hätte es Rage nicht gegeben – oder zumindest nicht so lange und nicht so erfolgreich. Denn beinahe hätte sich Bandchef Peter „Peavy“ Wag- ner gegen die Musik und für die zweite große Leidenschaft in seinem Leben entschieden. Doch dank beherzter Wor- te seiner Ausbilderin wählte der Sänger und Bassist letzt- lich doch den richtigen Weg, nämlich den, in dem deutlich mehr Leben steckte. Im Interview erzählt er uns, warum ihn schon von Kindesbeinen an Knochen so Knochen sind die zweite große Leidenschaft von Rage-Frontmann Peavy Seine Biografie „Soundchaser“ hat Peavy Wagner mit Journalist und The-Bullhead-Redakteur Timon Menge geschrieben. Sie erscheint am 6. Dezember bei SPVbegeistern und wie er seinem Hobby heute noch nachgeht. Peavy, du bist mit einem sehr strengen Vater aufgewachsen. Doch ein Thema hat euch beide besonders verbunden… Peavy: Genau. Mein Vater war Naturwissenschaftler und Lehrer. Er erklärte auch uns Kindern oft Dinge, was bei mir auf großes Interesse stieß. Daran habe ich sehr gute Erinnerungen. Insbesondere hat er Kleintiere für den Unterricht präpariert und mir alles dazu gezeigt. Ich fand das faszinierend. Eine wichtige Rolle spielte ein toter Igel, den du als kleines Kind gefunden hast. Peavy: Ich habe ihn mit einem Stock in unseren Garten geschoben und in der Sandkiste eingebuddelt, weil ich von meinem Vater wusste, dass nach einiger Zeit in der Erde nur Knochen übrig bleiben. Meine Geschwister fanden das natürlich gar nicht so toll. Später gab mein Vater mir dann ein Buch, in dem erklärt wurde, wie Präparieren überhaupt geht. Die notwendigen Chemikalien hat er mir aus der Schule mitgebracht. Und wie bist du als Schüler an die Tiere gekommen? Peavy: Ich habe zum Beispiel unseren Metzger gefragt, ob er mir Teile überlassen könnte, die er nicht nutzt. Andere Kinder bekommen an der Theke eine Scheibe Fleischwurst, für mich gab es mit Glück einen Kaninchenkopf. Außerdem hat sich mein Interesse in der Verwandtschaft rumgesprochen und so haben meine Onkel und Tanten mir an Weihnachten Peavy mit Rage im Sommer auf der Hauptbühne Seit seiner Kindheit interessiert sich Peavy Wagner für das Präparieren, kam mit seinem Hobby sogar in die Jugendzeitschrift Treff Ein Rehkitz zwischen Replikaten von Urmenschenschädeln Das Replikat des Schädels eines Eisbären hat Peavy erstellteben auch mal einen Schafskopf unter den Baum gelegt. Worum ging es dir bei dem Hobby? Peavy: Ich hatte ein rein wissenschaftliches Interesse. Mich haben die Skelette und alles, was man aus ihnen lernen kann, fasziniert. Das gilt auch heute noch. Wie unterscheidet sich das menschliche Skelett denn zum Beispiel von dem einer Katze? Peavy: Im Grunde ist der Bauplan aller Wirbeltiere gleich. Natürlich variiert die Anzahl der Knochen, doch das tut sie ja sogar bei Menschen, je nachdem, wie alt sie sind. So haben Kinder noch viel mehr Knochen als Erwachsene. Zudem unterscheiden sich Lebewesen im Knochenbau aufgrund von Lebensraumanpassungen. Einige haben Flossen entwickelt, andere einen langen Schwanz. Grundsätzlich lassen sich alle Wirbeltiere aber eben gut miteinander vergleichen, was ich sehr spannend finde. Mit deinen Präparaten bist du als Teenie sogar in einem Jugendmagazin gelandet. Wie kam es dazu? Peavy: Die Zeitschrift hieß Treff und richtete sich an Kinder und Jugendliche. In jeder Ausgabe stellte ein Kind sein Hobby vor. Ich glaube, mein Bruder meinte damals, dass ich mal hinschreiben solle mit meinem außergewöhnlichen Hobby. Die Redaktion rief daraufhin auch an, interviewte mich und wollte ein Foto haben. Das ist dann auch im Blatt gelandet. Wie kam deine Freizeit- beschäftigung bei deinen Freunden an? Peavy: Damals wie heute ruft sie unterschiedliche Reaktionen hervor. Einige sind total interessiert und wollen alles wissen, bei anderen erzeugt es eher Ekel. Früher gab es ein Mädchen in unserer Nachbarschaft, das lief immer schreiend weg. Eigentlich erkennt aber jeder, der sich etwas mehr damit beschäftigt, ganz schnell, dass da nichts Ekeliges dran ist. Nach der Schule hast du in Bochum eine Ausbildung zum Präparator begonnen. Peavy: Das passierte etwa zu der Zeit, als es mit Rage richtig losging. Wir hatten gerade unser erstes Album rausgebracht und bekamen die Möglichkeit, mit Destruction und Kreator zu touren. Ich steckte in der Zwickmühle, denn neben der Ausbildung an der Präparatorenschule in Bochum arbeitete ich bereits in der Werkstatt der renommierten Präparatorin Ute Ledebur. Und auf die Zusage für meinen Ausbildungsplatz hatte ich eine ganze Weile warten müssen. Die Entscheidung, das für die Musik aufzugeben, war sehr schwer. Hattest du schlaflose Nächte? Peavy: Auf jeden Fall. Auch weil ich wusste, dass mein Vater total ausflippen würde, wenn ich hinschmeiße. Aber Ute Ledebur sagte irgendwann zu mir: „Mach die Tour! An der Schule kannst du dich auch noch mal bewerben und die Ausbildung später beenden. Aber die Chance, mit der Musik was zu erreichen, die kriegst du nicht noch mal.“ Die Musik wurde bekanntlich zu deinem Lebenswerk. Allerdings bist du dem Präparieren ebenso treu geblieben. „ “ In seinen Händen hält er die Silikonform eines WombatschädelsPeavy: Meine ganze Freizeit stecke ich in mein Hobby. Ich bin sehr gut mit einer kleinen, aber feinen Community vernetzt und stehe im Austausch mit anderen Interessierten, mit Experten und Wissenschaftlern. Und ich präpariere auch immer noch. Was genau machst du für Arbeiten und für wen? Peavy: Größtenteils ist es mein Hobby, ich mache das für mich selbst. Aber ich habe viele Jahre mit besagter Ute zusammengearbeitet, mit der ich auch einige Jahre privat liiert war. Sie war ausbildende Lehrerin an der Fachhochschule in Bochum und kannte natürlich viele Leute aus der Präparatoren- und der Wissenschaftsszene. Mit ihr oder für sie habe ich nebenberuflich Aufträge angenommen, habe zum Beispiel Skelettmontagen und Abgüsse erstellt. Ein besonderes Exponat brachte dich sogar ins Fernsehen… Peavy: Ich habe lange mit einem Anthropologen zusammengearbeitet, der das Anthropologische Institut an der Universität Tübingen leitete. Der beschäftigte sich viel mit fossilen Knochen von Urmenschen, die ich für ihn durch Abgusstechnik replizieren durfte. Irgendwann ging es um das Skelett eines 3,2 Millionen Jahre alten Vormenschen, der Lucy genannt wurde. Die Knochen wurden Anfang der Siebziger in Äthiopien gefunden, doch es fehlten ganz viele. Ich habe die fehlenden Teile nachmodelliert und daraus ist eine richtige Komplett- rekonstruktion geworden, die irgendwann auch Teil der ZDF- Sendung „Terra X“ war. Läuft bei dir während der Rekonstruktion oder Präparation von Knochen im Hintergrund Heavy Metal oder ist es ganz still? Peavy: Ich arbeite gerne alleine und in Ruhe und finde das fast schon meditativ. Ich habe das große Glück, in Herne ein relativ großes Haus zu besitzen, in dem ich eine Werkstatt eingerichtet habe. Eine klassische Skelettmontage dauert schon ein paar Monate, weil da natürlich sehr viel Arbeit drinsteckt. Kann man deine Exponate irgendwo sehen? Peavy: Früher kamen oft Anfragen von Zoos aus dem Ruhrgebiet, wenn dort ein Tier verendet war. Für die Zooschule in Gelsenkirchen habe ich zum Beispiel mal einen Orang- Utan präpariert, der dort auch Besuchergruppen gezeigt wird. Für den Duisburger Zoo habe ich den Abguss eines halben Tigerschädels erstellt, der in einem Schaukasten am Tigergehege angebracht ist. Die Besucher können ihn anfassen und spüren, wie sich zum Beispiel die Zähne des Tieres anfühlen. Wie viele Exponate gehören zu deiner Sammlung und welches ist das größte? Peavy: Das kann ich gar nicht genau sagen. Es sind Tausende, denn ich sammele ja quasi, seit ich vier Jahre alt bin. Das größte, was ich hier habe, ist ein Elchskelett von einem achtjährigen Elchbullen. Der hat eine Höhe von etwa drei Metern und reicht genau bis unter die Decke. „ , “ Ein rekonstruierter Menschenschädel aus dem 7. Jahrhundert. Die Verletzung stammt von einem Schwerthieb Auftragsarbeit für den Gelsenkirchener Zoo: das Skelett eines Orang-Utans Mit dem komplett rekonstruierten Skelett des Vormenschen Lucy landete Peavy sogar in der ZDF-Sendung „Terra X“ Fotos: Privat, WOAVon Celia Woitas „ ou’ll hear from Rek- tum again“ – dieses verheißungsvolle Verspre- chen gaben Jukka Vidgren und Juuso Laatio am Ende ihres 2018 erschie- nenen Films ” Heavy Trip“ dem Publikum. Mit diesem ebenso amü- santen wie chaotischen Streifen über die Aben- teuer der Metal-Band Im- paled Rektum hatten die beiden Finnen für einen Überraschungserfolg ge- sorgt. Und was die Finnen versprechen, das halten sie auch! So begannen die beiden Regisseure bereits Ende 2019, am Skript für die Fortsetzung der Geschichte über die „ge- fährlichste Heavy-Metal-Band der Welt“ zu arbeiten. Diesmal, so viel war klar, musste auch das beste Metal-Festival der Welt eine große Rolle spielen. So führten die Dreharbeiten 35 Tage lang von Finnland über Litauen nach Rostock, bis die Arbeiten wie auch die Handlung schließlich im wilden, matschi- gen Treiben des Wacken Open Air gipfelten. Ähnlich wie sein Vorgänger lebt der Streifen natürlich von seinem unbere- chenbaren Humor und erntete sowohl bei seiner Premiere beim diesjährigen Filmfest Hamburg als auch im Anschluss auf der Leinwand ausgewählter Kinos in Deutschland und Österreich reichlich Lacher. Jukka und Juuso, Humor ist ganz offensichtlich ein wichtiges Instrument für euch beide. Was bringt euch zum Lachen? Juuso Laatio: Man muss vor allem über sich selbst lachen können, wenn man bei Verstand bleiben will. Ich habe schon immer gute Komödien mit visuellem Witz genossen, seien es die alte Reihe „Der rosarote Panther“ mit Peter Sellers, „Die nackte Kanone“ mit Leslie Nielsen oder Will-Ferrell- Filme. Das Finnische Versprechen Für ihren Film „Heavier Trip – Road To Wacken“ nahmen es die Regisseure Jukka Vidgren und Juuso Laatio mit den Wassermassen des W:O:A 2023 auf. Nun ist der zweite Teil der Kultkomödie um die finnische Band Impaled Rektum erschienen. Wir haben mit den beiden Filmemachern über heilenden Humor, Schauspieler im Schlamm und Babymetal gesprochen Impaled Rektum im Matsch des W:O:A inmitten der Metal-Fans Die Regisseure Jukka Vidgren (li.) und Juuso LaatioJukka Vidgren: Ich bin im Allgemeinen kein sehr lustiger Typ. Es geht eher darum, wie ich die Welt um mich herum wahrnehme. Viele Dinge erscheinen mir humorvoll, selbst wenn sie düsterer sind. Das ist meine Art, mit der Welt umzugehen. In meiner Familie gab es Leute, die ein ziemlich hartes Leben führen mussten. Humor diente da als Bewältigungsmechanismus, der half, weiterzumachen. Ich glaube also, dass Comedy etwas Heilendes sein kann. Meine größten Inspirationen für Komödien sind die Blues Brothers, „Und täglich grüßt das Murmeltier“, „Ein Fisch namens Wanda“ und alles von Zucker, Abrahams und Zucker, den Machern von „Die nackte Kanone“. Für ” Heavier Trip – Road To Wacken“ habt ihr 2023 auf einem sehr turbulenten Open Air gedreht. Wie war das für euch? Jukka Vidgren: Interessant! Schon die gesamte Woche vor dem Festival hatte es geregnet, während all unserer Drehs vor Ort ebenfalls. Das Gelände war also wirklich schlammig, das Festival selbst befand sich im Krisenmodus. Viele der Anreisenden mussten abgewiesen werden, da die Autos im matschigen Boden feststeckten und mit Traktoren herausgezogen werden mussten. Wir konnten aber schließlich alles drehen, was wir brauchten. Es war ein unvergessliches – wenn auch sehr nasses – Erlebnis. Juuso Laatio: Mich hat es sehr an die Zeit beim Militär erinnert – tagelang bei schrecklichem Wetter draußen sein, nicht wissen, was passieren wird, durch knietiefen Schlamm waten, in einer Kiste schlafen und am nächsten Tag die nassen Klamotten wieder anziehen. Nicht mein ideales Wacken-Erlebnis, aber auf jeden Fall eine legendäre Erfahrung und Erinnerung! Ich habe Wacken 2023 überlebt und zudem auch ein paar wirklich schöne Aufnahmen gemacht! „ “ Impaled Rektum befinden sich in einer schwierigen Situation – oder genauer gesagt im nor- wegischen Knast! Deshalb muss die Band schweren Herzens das Angebot ablehnen, beim größ- ten Metal-Open-Air der Welt in Wacken aufzutreten. Doch als der Vater des Gitarristen schwer erkrankt und das Haus und der Schlachthof der Familie vor dem Ruin stehen, wird es Zeit für die Band, etwas zu tun! Die vier Jungs beschließen, aus dem Ge- fängnis auszubrechen und mit einem Auftritt beim W:O:A all ihre finanziellen Probleme zu lösen. Auf ihrem Roadtrip nach Wacken begegnen sie dabei ih- ren Idolen (der alternden Metal- Band Bloodmotor), müssen sich gegen den teuflischen Platten- label-Boss Fisto (Anatole Taub- man) behaupten und werden von einer gemeingefährlichen Gefängnisaufseherin verfolgt. Aber die größte Herausforde- rung besteht für die Band darin, inmitten all dieses Wahnsinns zusammenzuhalten... Wilde Verfolgungs- jagd durch die Gassen von Litauen Thomas Jensen mit Schauspieler Anatole Taubman, der den teuflischen Plattenlabel- Boss Fisto spielt Pasi (li.) und Turo mit brennender GitarreWelche Musik mögt ihr persönlich? Juuso Laatio: Ich habe mein ganzes Leben lang Instrumente gespielt. Mit drei Jahren fing ich an, Geige zu lernen, bin dann zur Akustik- und später zur E-Gitarre übergegangen und habe anschließend getrommelt. Musik ist mein Lebenselixier. Dabei mag ich zwar alle Stilrichtungen, aber seit meiner Teenagerzeit spielt Metal eine große Rolle in meinem Leben. Besonders gut gefallen mir momentan Sachen mit wirklich chaotischem und verzerrtem Gesang, fast so, als wären sie schlecht aufgenommen worden. Jukka Vidgren: Ich bin kein Hardcore-Metalhead wie Juuso, aber ich hatte meine Momente mit Metal. Wir in Finnland sind große Fans härterer Genres und ich glaube, das hat mit den dunklen und langen Wintern zu tun. In meinen Zwanzigern und Dreißigern mochte ich Bands wie Katatonia, Sentenced und Type O Negative sehr, doch je älter ich werde, desto mehr tendiere ich zu den Klassikern. Die beste Metal-Band aller Zeiten ist für mich Motörhead. Wie viel von euren Persönlichkeiten und eigenen Erfahrungen mit der Metal-Szene steckt in ” Heavier Trip“? Juuso Laatio: In den ersten Film sind viele meiner eigenen Erlebnisse als langhaariger Metalhead eingeflossen, der auf der Straße angeschrien wird. Viele der Metal-Referenzen und Witze in „Heavier Trip“ rühren ebenfalls daher. Ich kann nicht wirklich sagen, wie es ist, in der Musikindustrie zu arbeiten, aber ich habe versucht, meine Erfahrungen aus dem Filmgeschäft auch in diesen Film einfließen zu lassen… Jukka Vidgren: Für mich geht es vor allem um das Gefühl, als Außenseiter in einer kleinen Gemeinschaft zu existieren. Ich bin in einer kleinen Stadt geboren und war ein etwas seltsames Kind, das sich mit Live-Rollenspielen beschäftigte, Amateurfilme mit Freunden drehte und mit anderen Außenseitern herumhing. Ich verstehe also diese Clique, deren Freundschaft sie nicht nur als Bandkollegen, sondern auf einer viel tieferen Ebene miteinander verbindet. Babymetal spielen eine wichtige Rolle in ” Heavier Trip“. Wie kam die Zusammenarbeit mit der Band zustande? Juuso Laatio: Das versuche ich selbst immer noch zu begreifen. Wir brauchten eine kontroverse Band für eine Szene mit Xytrax, dem Sänger von Impaled Rektum. Als eine Art Platzhalter habe ich deshalb Babymetal ins Drehbuch geschrieben, glaubte aber nicht daran, dass sie tatsächlich mitspielen würden. Wir erfuhren jedoch, dass ihr Gründer Kobayashi Key ein Fan des ersten Films ist. So kam es zu einem Treffen. Ich hielt eine kleine Rede auf Japanisch und wir fanden ein paar freie Tage im wahnsinnig vollen Terminkalender der Band, um alle nach Litauen einzufliegen und ein paar Szenen mit ihnen zu drehen. Es war einfach großartig, ihnen bei ihrer Arbeit zuzusehen. Jukka Vidgren: Ich glaube, die sehr schöne Rede, die Juuso während unseres ersten Zoom- Treffens mit der Band und ihrem Team gehalten hat, hinterließ einen guten Eindruck. Auch wenn ich bis heute keine Ahnung habe, was er da eigentlich erzählt hat. ” Heavier Trip“ ist ab 12.12. als Stream auf allen gängi- gen Plattformen verfügbar und ab dem 24.1. auf DVD und BluRay erhältlich. Es fährt kein Bus nach irgendwo: Pasi in vollem Ornat samt Corpse Paint unter einem Regenbogenschirm Auch die Band Babymetal spielt im Film „Heavier Trip“ eine Rolle Fotos: PromoNext >